24. Bad Camberger Festspiele 2013
Don Camillo und Peppone
Autor: Gerold Theobalt (nach dem Roman von Giovannino Guareschi)
Genre: Komödie
Regie: Timo Pfanzer
Inhalt
Zu den Festspielen 2014 entführten wir unser Publikum jenseits über die Alpen: In einem kleinen italienischen Dorf in der Emilia-Romagna wird der Bürgermeister gewählt: Der örtliche Kommunistenführer Guiseppe "Peppone" Botazzi geht als Sieger aus der Wahl hervor. Dieser hatte mit Don Camillo, dem resoluten Priester der Gemeinde, im Ersten Weltkrieg gedient und beide kämpften während der Diktatur Mussolinis als Partisanen gegen die Faschisten. Die gemeinsamen Kriegs- und Widerstandserfahrungen verbindet die beiden Protagonisten, genauso wie ihre stiernackige Dickköpfigkeit, die zu andauernden Streitereien zwischen "kirchlicher und weltlicher Macht" führt. Und nicht nur auf der verbalen Ebene fliegen die Fetzen zwischen den beiden Kontrahenten, sondern auch die Fäuste dienen der Meinungsbildung. Don Camillo und Peppone sind zwei, die nicht miteinander, aber auch nicht ohneeinander sein können!
Gerold Theobalts Theaterfassung von Giovannino Guareschis Roman "Don Camillo und Peppone" (Mondo piccolo Don Camillo, Mailand, 1948) führt den Spannungsbogen über viele kleine Episoden zu einer ausgewogenen komischdramatischen Handlung, die das Alltagsleben des kleinen Dorfes in all seinen burlesken, aber auch ernsten Facetten zeigt. So will Peppone seinen neugeborenen Sohn auf den Namen "Lenin" taufen lassen, was Don Camillo natürlich entschieden zu weit geht. Erst nach einem Gespräch "nach alter Väter Sitte" ist das Namensproblem dann auf kreative Weise gelöst. Oder es bricht bspw. ein Streit zwischen dem Großgrundbesitzer Pasotti und den Landarbeitern aus, in dem Don Camillo in einen Gewissenskonflikt gerät. Zum einen steht er auf Seiten der Gerechtigkeit und sympathisiert mit den ausgebeuteten Arbeitern, zum anderen kann er als katholischer Priester und auch persönlich ja nicht so ohne weiteres auf Peppones Seite wechseln, zumal Pasotti der einzig „potente Spender" für das neue Kirchendach ist. Daneben kommt die Liebe ebenfalls nicht zu kurz, denn der junge Kommunist Mariolino Bruciata, Peppones rechte Hand, hat ein Verhältnis mit Gina, der Tochter des Großgrundbesitzers Pasotti. Neben dem Klassenunterschied steht den beiden die jahrhundertelange Feindschaft zwischen den Bruciatas und den Pasottis entgegen. So umwehte auch ein Hauch von „Romeo und Julia" den Bad Camberger Amthof! In dem kleinen Dorf tobt also das wahre Leben: Es wird gelacht, gestritten, geliebt, geprügelt, gefeiert und gestorben. Und über allem wacht Jesus, der Herr höchstselbst, der im Handlungsverlauf mit seiner Meinung auch nicht immer hinter'm Berg hält...
Inszenierung
Die Inszenierung von Timo Pfanzer trägt der zugrundeliegenden Ambivalenz des Stoffes Rechnung. Alle sind sie in ideologische, gesellschaftliche oder persönliche Lager gespalten und doch müssen (und wollen) alle miteinander und füreinander leben. Und im Grunde mögen sich auch alle eigentlich, irgendwie. Der einzelne Mensch ist von Natur aus egozentrisch, aber er ist daneben gleichzeitig ein soziales
Lebewesen, das die anderen braucht und ohne sie nicht sein kann. Das ist die erste und grundlegende Ambivalenz, die uns ausmacht und uns allen täglich zu schaffen macht. Dieser Umstand, schon fast als eine Gegensätzlichkeit in unserer Seele zu bezeichnen, wird in „Don Camillo und Peppone" mit breiter Feder dargestellt und führt, gerade weil überzeichnet, zu einer schonungslosen Offenlegung des menschlichen Dilemmas, was wiederum der Quell für die liebenswerte Komik des Stückes ist, aber gleichsam ein Wechselspiel mit dem Ernst vollzieht. Der Zuschauer wird zum Nachdenken gebracht, wie denn die beiden in uns sitzenden Pole ausbalanciert werden können. So können wir den Don Camillo oder den Peppone in uns entdecken lernen.
Die Inszenierung selbst spielt ebenfalls mit der Gegensätzlichkeit: Das Bühnenbild wird stilisiert sein, vielleicht gar als abstrakt verstehbar. Verschiedene Ebenen, Baugerüste, Türme, Leitern, Rampen und Treppen werden den Grund des Spiels bilden. Darauf werden die Schauspieler agieren, aber in Kostüm, Maske und Requisite im historisierenden Rahmen der späten 1940er Jahre verbleibend. So geht es gleichsam mit Musik und Gesang, die demgemäß zwischen Chorälen, italienischen Partisanenliedern, Caruso-Einspielungen oder den Sportfreunden Stiller hin- und herpendeln. Durch dieses Verbleiben in einem naturalistischen Spiel, bei gleichzeitigem Ausgreifen ins abstrakt-moderne, soll die Überzeitlichkeit des Themas zwar einen Ausdruck finden, ohne aber dabei den liebenswerten Stoff zu zerreißen und zu einem "Steinbruch" für eine allzu vom Wesen des Stückes abgehobene Inszenierung werden zu lassen. Lediglich die Folie, vor der die Komödie ersteht, wird erneuert, da das Stück noch heute für sich selbst sprechen kann – in ungebrochener Aktualität.
23. Bad Camberger Festspiele 2012
Robin Hood
Autor: Klaus-Hagen Latwesen
Genre: Abenteuerstück
Regie: Mirco Liefke
Inhalt
Unter dem Motto "Occupy Amthof" besetzte 2012 "Robin Hood", in der modernen Inszenierung von Mirco Liefke, die Linde im Amthof-Innenhof von Bad Camberg, um den Reichen zu nehmen und den Armen zu geben. Das 30-köpfige Ensemble erwartete die Zuschauer mit viel Witz, Gesang und dem ein oder anderen Nachdenkenswerten. Fragt man die Menschen, was für sie die Bad Camberger Festspiele ausmacht, so stößt man des öfteren auf die Antworten: „bekannte Gesichter", „tolles Bühnenbild", „klasse Kostüme"; kurzum: „gute Unterhaltung". Dagegen ist nichts einzuwenden. Man fragt sich nur, ob das alles ist, was Theater ausmacht oder was es heute zu leisten im Stande ist. Wenn es so wäre, kann man nur hoffen, dass während unserer Aufführungen keine Robin-Hood-Verfilmung im Fernsehen übertragen wird, denn zweifellos wären die Gesichter, die man dort sieht, bekannter, das Bühnenbild wäre opulenter und die Kostüme paßgenaue Originalnachbildungen mit Echtheitsanschein. Das Theater hingegen ist ein Erlebnis, eine Begegnung körperlich anwesender Menschen mit Geschichte und Geschichten und mit dem Hier und Heute. Niemals können Bühne und Kostüme, Spielart und Handlung darüber hinwegtäuschen, dass offenbar etwas dargestellt wird, das seinem Anschein nicht entspricht - Jannick Heckenhahn ist nicht Robin Hood und wir befinden uns nicht im Sherwood Forest. Wir sind im Jahr 2012 und was die Zuschauer Abend für Abend zu sehen bekamen, ist die Auseinandersetzung unseres Ensembles mit dem Thema „Robin Hood". Zu einer Zeit, da vielerorts ein Umschwung der Gesellschaft gefordert, erhofft oder befürchtet wird, greifen wir die Schlagworte der Occupy-Bewegung auf, die momentan in Frankfurt vor der Europäischen Zentralbank ihre Zelte aufgeschlagen hat und verknüpfen sie mit der Geschichte von Robin Hood. Auch er war ein sozialer Revolutionär, er gab den Armen, was er den Reichen wegnahm. Der Zweck heiligt die Mittel. Oder? Am Ende können sich Robin Hood und seine Getreuen gegen die Herrschenden durchsetzen, doch bleibt nicht doch etwas zurück, wenn die einstigen Aufständischen in die Schuhe der Besiegten schlüpfen? Frisst die Revolution am Ende ihre Kinder? Sollte man einen Tyrannen, der 1000 km entfernt ist, eintauschen gegen 1000 Tyrannen, die 1 km entfernt sind? Was hat der Sheriff von Nottingham mit der Dresdner Bank zu tun und wieso um alles in der Welt trägt Robin Hood eigentlich Strumpfhosen? Fragen über Fragen. Das ist unser Ziel. Fragen aufwerfen. „Aber das macht doch alles keinen Sinn!", wird der ein oder andere sagen. Abgesehen von der Fragen, ob man überhaupt Sinn „machen" kann, würden wir fragen, ob unsere Welt denn Sinn macht? Sind wir nicht vielmehr dazu verdammt, selbst der Welt einen Sinn zu geben? Und sind es nicht die Bretter, die eben diese Welt bedeuten sollen, auf denen Sie einem Stück über Robin Hood begegnen?
22. Bad Camberger Festspiele 2011
Der fröhliche Weinberg
Autor: Carl Zuckmayer
Genre: Lustspiel und neues Volksstück
Regie: Timo Pfanzer
Inhalt
Das Stück spielt im Weinherbst des Jahres 1921 in einem nicht näher bestimmten rheinhessischen Winzerdorf. Die drei Akte der Handlung spielen im Weinberg Gunderlochs, dem Wirtshaus „Landskrone" und im Hof desselben. Das Stück spiegelt das Schicksal des jungen Klärchens wider, die sich mit dem Couleurstudenten Knuzius verloben soll, um ihrem Vater, dem Gutsbesitzer Gunderloch, einen legitimen Erben zu präsentieren. Klärchen will die Entscheidung ihres Vaters akzeptieren, sie aber anders umsetzen als er denkt, denn sie will aus Liebe heiraten. Annemarie, die Haushälterin des Gutsbesitzers und Schwester des Schiffers Jochen Most, träumt heimlich davon, mit Gunderloch auf dem Weingut zu leben, während der ihr Bruder aufrichtig in das Klärchen verliebt ist. Knuzius wiederum ist mit Klärchen verlobt, hat aber nur den Erwerb des Weingutes im Sinn. Deshalb möchte er ihr möglichst schnell ein Kind machen, wie es Gunderloch als Bedingung stellt. In diese
Beziehungsgemengelage mischen noch Personen wie die Wirtin der „Landskrone" und deren Tochter Babettchen, die Knuzius schöne Augen macht, eine Reihe von Weinreisenden, der Amtmann Kurrle und der lispelnde Assessor Bruchmüller mit. Gewürzt wird die Komik des Stückes zusätzlich noch durch die Veteranen Chinajockel, Stopski und Ulaneschorsch, die sich gerne mal einen Schoppen ausgeben lassen und so manches weinselige Lied auf den Lippen haben.
21. Bad Camberger Festspiele 2010
Die drei Musketiere
Autor: Theodor Schübel nach dem Roman von Alexandre Dumas
Genre: Abenteuerkomödie
Regie: Timo Pfanzer
Inhalt
Der Verein Bad Camberger Festspiele gab bei den 21. Bad Camberger Festspielen die Abenteuerkomödie „Die drei Musketiere" von Theodor Schübel nach dem gleichnamigen Roman von Alexandre Dumas. Mit viel Witz, umfangreichen Fechtszenen und deftig-komischen Gesangspassagen zaubert die Crew um Regisseur Timo Pfanzer das Paris des beginnenden 17. Jahrhunderts auf die Freilichtbühne im historischen Amthof Bad Camberg.
Es ist die Geschichte des Bauernsohns D'Artagnan, der sein Heimatdorf in der Gascogne verlässt, um als Musketier in den Dienst Ludwigs XIII. und vor allem seiner Königin zu treten. In Paris angekommen, gerät er zunächst aber mit den drei Musketieren Athos, Porthos und Aramis in Streit und verabredet sich zum Duell. Als sie am verabredeten Ort auf die Garde des Kardinals treffen, verbünden sie sich und kämpfen von nun an gemeinsam gegen den Kardinal und seine Agentin Lady Winter. Sie werden in die Liebesaffäre der Königin von Frankreich mit dem britischen Herzog von Buckingham verstrickt, bekommen es mit einem eifersüchtigen Ehemann zu tun und haben Täuschungen, Duelle, Morde, Missverständnisse und Glücksfälle zu überstehen...
Es waren in diesem Jahr 36 Darsteller, ein Hund und ein „Pferd" in weit über 40 Rollen zu bestaunen, die sich in ihren farbenprächtigen Kostümen und mit der nötigen Pariser Eleganz, Galanterie und Bauernschläue in den Intrigen rund um den Kardinal von Richelieu begegnen. Der bekannte gleichnamige Roman von Alexandre Dumas bildet die Textgrundlage für die Bearbeitung des Gerhart-Hauptmann-Preisträgers Theodor Schübel.